05.07.2023 | Ausstellung

Expedition im ewigen Eis: zurück ins Franz-Josef-Land

Die Ausstellung „Land, Land, endlich Land!“ in der Bibliothek am Campus Akademie der ÖAW lädt noch bis zum 14. Juli zur Wiederentdeckung der österreichisch-ungarische Nordpolexpedition vor 150 Jahren ein. ÖAW-Historikerin Petra Svatek schildert im Gespräch, warum diese Mission so außergewöhnlich war.

Die bei der österreichisch-ungarischen Nordpolexpedition gefertigte Flaschenpost, 1874 von Carl Weyprecht auf der Inselgruppe Franz-Josef-Land verfasst und 1978 auf der Insel Lamont von einem russischen Forscher entdeckt. © ÖAW

Auf zum Nordpol! Am 13. Juni 1872 stach das Schiff „Admiral Tegetthoff“ mit 24 Mann Besatzung von Bremerhaven aus in See. Bereits Ende August wurde es im Packeis eingeschlossen und driftete nach Norden. „Man wollte ein eisfreies Meer entdecken – und hatte mehr Eis als andere Expeditionen“, sagt Petra Svatek, Historikerin in der Sammlung Woldan der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Ein Jahr später, am 30. August 1873, gab es dennoch Grund zum Feiern: „Land, Land, endlich Land!“, jubelte die Besatzung als sie eine Inselgruppe entdeckte, die zu Ehren des damaligen Kaisers Franz-Josef-Land genannt wurde.

150 Jahre nach diesem historischen Ereignis zeigt die ÖAW in der Bibliothek am Campus Akademie nun eine Ausstellung, die sich mit der österreichisch-ungarischen Nordpolexpedition von Julius Payer und Carl Weyprecht auseinandersetzt. Welche Highlights noch bis zum 14. Juli dort zu sehen sind, aber auch, wie man sich im Mittelalter und Renaissancezeitalter den Nordpol vorgestellt hat, erzählt Svatek im Gespräch.

Wissenschaft und Wirtschaft

Viele wissenschaftliche Expeditionen hatten wirtschaftliche Hintergedanken. Wie sieht es diesbezüglich mit der österreichisch-ungarischen Nordpolexpedition aus?

Petra Svatek: Prinzipiell war sie schon wissenschaftlich orientiert. Es ging darum, die Entschleierung der Nordpolarregion voranzutreiben. Es gab eine Lehrmeinung, dass möglicherweise aufgrund des Golfstromes der Nordpol eisfrei sein könnte. Eine solche Entdeckung einer Nordostpassage hätte aber natürlich enorme wirtschaftliche Auswirkungen gehabt und den Seeweg zwischen Europa und Ostasien wesentlich erleichtert.

Man wollte ein eisfreies Meer entdecken – und hatte mehr Eis als andere Expeditionen."

War es damals schwierig, Geldgeber von dieser Expedition zu überzeugen?

Svatek:  Eigentlich gar nicht. Der größte Geldgeber war Johann Nepomuk Graf Wilczek, der sich stark für die Polarforschung eingesetzt hat. Nach ihm wurde dann auch eine Insel auf Franz-Josef-Land benannt. Zuerst sah es allerdings gar nicht gut aus für das Schiff „Admiral Tegetthoff“, das im Juni 1872 von Bremerhaven gestartet ist. Es fror bereits Ende August auf einer Eisscholle ein und trieb Richtung Norden. Man wollte ein eisfreies Meer entdecken – und hatte mehr Eis als andere Expeditionen.

Trotzdem war es ein erfolgreiches Unternehmen.

Svatek: Als man am 30. August 1873 endlich Land entdeckte, muss die Stimmung euphorisch gewesen sein. Die Mannschaft hatte sehr gelitten, auch nächsten Sommer löste sich das Schiff nicht von der Eisscholle. Bislang unentdecktes Land unter den Füßen zu haben, war ein großer Triumpf. Zudem erreichte man bei Kap Fligely erstmals den nördlichsten Punkt Eurasiens.

Es ist erstaunlich, dass Russland die Bezeichnung Franz-Josef-Land beibehalten hat."

Heute gehört die Inselgruppe zu Russland. Die österreichischen Namen aber sind geblieben?

Svatek: Die Inseln, Buchten, Berge und Gletscher wurden nach bedeutenden Persönlichkeiten und österreichischen Städten und Regionen benannt. Einige Namen wurden geändert. Es ist erstaunlich, dass Russland die Bezeichnung Franz-Josef-Land beibehalten hat. Es gibt aber auch noch Prinz-Georg-Land, Wilczek-Land, die Rudolf-Insel oder die Wiener-Neustadt-Insel. Natürlich auch eine Payer-Insel.

Ausstellung bis 14. Juli

Warum geht es in der Ausstellung in der ÖAW?

Svatek: Wir haben fantastische Fundstücke wie jene Flaschenpost, die Carl Weyprecht 1874 auf Franz-Josef-Land verfasste, als man alle Hoffnung aufgegeben hatte, jemals wieder heimzukommen. Das 150-jährige Jubiläum ist aber auch ein Anlass für uns, aufzuzeigen, wie es heute im Norden aussieht. Mit den Entdeckungsreisen und der einsetzenden systematischen Erforschung ab dem ersten internationalen Polarjahr 1882/1883 begann auch die wirtschaftliche Ausbeutung und die Umweltverschmutzung der Region.

Da war die Stimmung am Tiefpunkt. Viele wollten aufgeben, dachten, sie würden in der Arktis sterben."

Was hat es mit dieser Flaschenpost auf sich?

Svatek: Nachdem man Franz-Josef-Land erforscht hat, stellte sich die Frage: Was machen wir jetzt? Das Schiff kam nicht von der Eisscholle weg, die Vorräte gingen aus, und der Gesundheitszustand der Mannschaft war auch nicht besonders gut. Man entschloss sich, nach Süden zum eisfreien Meer zu gehen und hoffte, von einem Schiff gerettet zu werden.  Es kam allerdings starker Wind auf und die Expeditionsteilnehmer trieben auf einer Eisscholle wieder nach Norden. Wochen später sichteten sie erneut ihr Schiff. Da war die Stimmung am Tiefpunkt. Viele wollten aufgeben, dachten, sie würden in der Arktis sterben. In diesem Moment hat Weyprecht eine Flaschenpost geschrieben, in der er die Expedition in Kurzfassung wiedergibt. Das war sicherlich auch eine Motivationshilfe für sein Team.

Der Nordpol als Magnetberg

Wie hat man sich den Nordpol bis ins beginnende 17. Jahrhundert vorgestellt?

Svatek: In unserer Ausstellung ist eine Polarkarte von Gerhard Mercator zu sehen, die 1595 in seinem Atals erschienen ist. Man glaubte lange, der Nordpol sei ein großer Magnetberg, weil die Kompassnadel immer nach Norden zeigt. Man hat fiktive Inseln eingetragen, die sich um diesen gigantischen Magnetberg ansammeln.

 

Auf einen Blick

Wann?
Die Ausstellung ist noch bis zum 14. Juli, Montag bis Donnerstag von 9 bis 17 Uhr und Freitag von 9 bis 13 Uhr, zu sehen.
Wo?
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Bibliothek, Bäckerstraße 13, 1010 Wien.
Eintritt frei.