20.03.2024 | Wälder

Invasive Arten sind kaum zu stoppen

Invasive, also gebietsfremde Arten, bedrohen die Biodiversität. Was kann man dagegen tun? Diese Frage beleuchtet ein Symposion der ÖAW. Dort zu Gast war auch Katharina Lapin vom Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald. Sie erzählt, was invasive Arten in Österreichs Wäldern anrichten können und warum Frühwarnsysteme helfen können.

Österreichs Wälder stehen unter Druck: Der Klimawandel und invasive Arten machen ihnen zu schaffen. Forschende vernetzen sich international, um besser abzuschätzen, welche Arten sich in den kommenden Jahren verbreiten und zum Problem werden. © Adobe Stock

Durch Globalisierung und Klimawandel kommen immer mehr Tier-, Pilz-, und Pflanzenarten in heimische Wälder, die die Biodiversität bedrohen. Invasiv nennt man sie dann, wenn sie sich massenhaft ausbreiten und eine negative Auswirkung auf das bestehende System haben. Gebietsfremde Arten lassen mitunter sogar ganze Ökosysteme kippen und bedrohen die Lebensgrundlagen und die Gesundheit der Menschen.

Trotz ihres enormen Einflusses sind biologische Invasionen kaum erforscht. Durch einen aktuellen Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) liegt nun nicht nur die erste umfassende Studie darüber vor, sondern es werden auch Wege zu einer nachhaltigen Entwicklung und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt vorgeschlagen.

Ein Symposion der ÖAW widmet sich diesem wichtigen Thema am 21. März 2024. Unter dem Titel „Wie invasive Arten die Welt verändern“ werden Ergebnisse des IPBES-Berichts diskutiert und mögliche Strategien auf österreichischer Ebene erarbeitet. Katharina Lapin vom Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft, ist eine der Vortragenden.

Klimawandel und invasive Arten: Druck auf Wald steigt

Wie steht es um die Biodiversität in Österreichs Wäldern?

Katharina Lapin: Wir sehen, dass Totholz zunimmt und es immer mehr in Richtung Mischwald geht. Das sind Indikatoren, die sich in eine gute Richtung entwickeln. Gleichzeitig steigt der Druck auf den Wald verstärkt durch den Klimawandel und durch invasive Arten, die immer häufiger auftreten und zunehmend zum Problem werden.

Invasive Pflanzen sind meist auffallend schön. Viele von ihnen sind durch den Gartenbau eingeführt worden.

Welche invasiven Arten gibt es?

Lapin: Es gibt sehr viele aus unterschiedlichen taxonomischen Gruppen. Diese kann man nach ihren Einfluss-Mechanismen unterscheiden, etwa zwischen Schäden, die invasive Arten direkt am Blatt oder im Holz anrichten und solchen, die durch eine ungebremste Ausbreitung die natürliche Verjüngung der Wälder verhindern. Ein prominentes Beispiel ist die amerikanische Eichennetzwanze (Corythucha arcuata), die sich sein 2019 rasch entlang der Autobahnen verbreitet hat – wahrscheinlich waren die Wanzen blinde Passagiere in den Autos und LKWs. Die invasive Baumart Ailantus altissima (Götterbaum) oder die einjährige invasive Pflanze Impatiens glandulifera (das Drüsige Springkraut) verändern die Artenzusammensetzung und sogar die Standortbedingungen in Wäldern. Viele Krankheiten werden aber auch durch Pilze ausgelöst, die sich schnell ausbreiten. Vor allem Eschen sind vom Hymenoscyphus fraxineus (Falsches Weißes Stängelbecherchen) stark betroffen. Deshalb versuchen wir in Artenschutzprogrammen Züchtungen zu finden, die ein resistentes Gen in sich tragen.

Rasante Entwicklung, kaum zu stoppen

Welche anderen Mittel gibt es, Invasion einzubremsen?

Lapin: Man geht zunehmend weg von der Idee, dass man invasive Arten ganz ausrotten kann. Großflächige Bekämpfungsmaßnahmen, wie man sie sich vor vier, fünf Jahren vielleicht noch vorgestellt hat, sind kaum möglich. Die Entwicklung schreitet so rasant voran, dass man in zahlreichen Fällen gar nicht viel machen kann. Wichtig sind Frühwarnsysteme, um Entwicklungen rechtzeitig wahrzunehmen zu können. Invasive Arten sind weltweit ein riesiges Problem, deshalb ist ein internationaler Austausch zentral, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Wir kooperieren mit Forschungsstätten aus dem südeuropäischen und osteuropäischen Raum, um zu erfahren, welche Arten sich dort verbreiten und wie sie das machen. So können wir besser abschätzen, was bei uns zu erwarten ist.

Wir versuchen in Artenschutzprogrammen Züchtungen zu finden, die ein resistentes Gen in sich tragen.

Was kann man noch dagegen tun?

Lapin: Man muss regelmäßig schulen, um invasive Arten rechtzeitig zu erkennen, was natürlich ein finanzielles Problem ist. Man kann in der Waldbewirtschaftung die Lichtverhältnisse so steuern, dass die Goldrute oder das Springkraut sich nicht gut ausbreiten können. Die Verbreitung von invasiven Schadorganismen passiert oft durch Pflanzenmaterial. Wenn man mit Geräten in der Landwirtschaft arbeitet, ist es wichtig, diese entsprechend zu reinigen, damit Samen nicht weiterverbreitet werden. Ich denke, das Bewusstsein in Bereich der Forstwirtschaft dafür ist in den letzten Jahren stark gewachsen.

Wie erkenne ich invasive Arten, wenn ich durch den Wald spaziere?

Lapin: Es gibtmittlerweile sehr gute Apps am Handy, die generell bei der Bestimmung von Arten helfen. Als Laie wird man sich vielleicht wundern, warum Kastanien krebsartige Wucherungen (Cryphonectria parasitica) haben. Es ist auffallend, dass die Eschen zusammenbrechen und absterben. Aber abgesehen von diesen sehr deutlichen Beispielen, die kranken Befall aufzeigen, braucht man eine gewisse Schulung durch Expert:innen, um invasive Arten zu erkennen. Gerade invasive Pflanzen sind meist auffallend schön. Viele von ihnen sind durch den Gartenbau eingeführt worden, aufgrund des Klimawandels breiten sich diese wärmeliebenden Zierpflanzen nun verstärkt in freier Natur aus.

 

AUF EINEN BLICK

Katharina Lapin ist am Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft tätig. Dort leitet sie das Institut für Waldbiodiversität und Naturschutz. Lapin hat Landschaftsplanung studiert und steuert Beiträge zum IPBES-Bericht über invasive Arten bei.

Die Ausbreitung invasiver Arten gehört laut Weltbiodiversitätsrat zu den Hauptursachen des globalen Verlusts an biologischer Vielfalt. Die ÖAW lädt am 21.3. zum Symposium"Wie invasive Arten die Welt verändern" ein, das einen Bericht über den weltweiten Status quo biologischer Invasionen diskutiert.