Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Imperien hat in den letzten Jahrzehnten einen ungeheuren Aufschwung erfahren. Dabei werden jedoch immer wieder Unschärfen durch eine oft unsystematische Beschreibung des eigentlichen Forschungsgegenstandes erkennbar. Ein wesentlicher Grund für diese Defizite ist in einer nach wie vor weit verbreiteten „humanbiologischen“ Definition von Imperien zu sehen. Imperien werden in diesem Zusammenhang wie Lebewesen behandelt. Sie werden geboren bzw. „entstehen“ und durchschreiten die unterschiedlichen Lebensalter eines Menschen, die von Jugend, Wachstum, Reife, Niedergang und Verfall als vermeintlichen ehernen Gesetzen geprägt sind. Der finale Abschluss erfolgt nach dieser Sichtweise durch den Tod bzw. Untergang, womit das jeweilige Imperium endgültig von der politischen Landkarte verschwindet. Diese Sichtweise hat Tradition. Sie lässt sich bis zur antiken Geschichtsschreibung zurückverfolgen und hat sich quasi in die DNA der Geschichtswissenschaften als allgemeingültiges Modell eingeschrieben. Diskussionen um Aufstieg und Untergang, Verfall und Niedergang nehmen kein Ende und kehren in unterschiedlichen Facetten ständig wieder. Diese unübersehbare Verkrustung des Zugangs, die trotz der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes zentrale Fragestellungen in ein starres Prokrustesbett zwängt, wird durch eine nach wie vor feststellbare Dominanz eines eurozentrischen Blickwinkels, der durch traditionelle chronologische und geographische Schwerpunktsetzungen gekennzeichnet ist, verschärft. Diese einseitige Betrachtungsweise gilt es im Rahmen der Kommissionsarbeit zu überwinden, wobei durch die Fächervielfalt und die historische Tiefe der ÖAW ein ideales Umfeld für den weiten Blick gegeben ist, der den unabdingbaren universalhistorischen Zugang sicherstellt. Dazu gehört in erster Linie ein Aufbrechen des eurozentrisch bestimmten Blickwinkels und die Etablierung einer neuen Sichtweise, die durch chronologische Tiefe und geographische Breite bestimmt ist. Dabei soll durch das vergleichende Modell „Transformation of Empire“ ein neuer fächerübergreifender Zugang erprobt werden, der sich schwerpunktmäßig auf die Altertumswissenschaften des afro-eurasiatischen Raumes konzentriert.